Egg, November 2024 – Körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt im häuslichen Kontext kann jede:n treffen, unabhängig von Alter, Bildungsstand, religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit. Statistisch gesehen sind vor allem Frauen und Kinder besonders betroffen. Um auf dieses ernste Thema aufmerksam zu machen, setzen die Bregenzerwälder Gemeinden im Rahmen der internationalen Kampagne „Orange the world“ wieder ein starkes Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen.
16 Aktionstage im Bregenzerwald
„Orange the World“ macht heuer erneut im Bregenzerwald Halt, um ein klares Signal gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu setzen. Dafür haben sich verschiedene Organisationen zusammengeschlossen: das FMH Frauenmuseum Hittisau, das Gewaltschutzzentrum Vorarlberg, die ifs Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt, das Kulturbüro der Regio Bregenzerwald sowie der Familienverband Vorarlberg und die Initiative „Der Bregenzerwald lässt kein Kind zurück“. Die Aktionstage starten am 25.November 2024 und dauern 16 Tage, in denen ein starkes öffentlichen Zeichen für ein gewaltfreies Miteinander gesetzt wird. Während dieser Zeit werden verschiedene Aktivitäten stattfinden, die die Bedeutung eines sicheren und gewaltfreien Lebensumfeldes betonen.
Aktivitäten in den Gemeinden
Die Bregenzerwälder Bürgermeister:innen setzen ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Jeder Brief, der die Gemeindeämter verlässt, ist mit einem Sticker beklebt. In den einzelnen Gemeinden finden sich orange Warnleuchten, die präsent in den Fenstern des Gemeindeamtes und in öffentlichen Gebäuden und Büchereien aufgestellt werden. Verwendet werden dafür die energiesparenden Baustellenleuchten. Die Büchereien des Bregenzerwaldes richten orange Plätze ein mit Büchertischen. Dort werden Mut- Geschichten, Heldinnenerzählungen und vieles mehr zu finden sein. Mit dieser Initiative will man ermutigen, hinschauen, handeln und Solidarität zeigen.
Installation von Nicole Scheffknecht im Frauenmuseum
Mit der Installation „Die Befriedigung des Voyerismus“ thematisiert die Bregenzerwälder Künstlerin und Architektiin Nicole Scheffknecht die Problematik unfreiwilliger Intimität und die Grenzüberschreitung durch das ungefragte Zusenden von „Dickpics“. Scheffknecht zeigt gezeichnete Darstellungen von Bildern, die sie im Bekanntenkreis gesammelt hat, und beleuchtet damit die Übergriffigkeit, der viele Frauen in digitalen Räumen ausgesetzt sind. Die Arbeit setzt ein starkes Zeichen gegen alltägliche Formen der Gewalt und Übergriffigkeit und sensibilisiert für die Notwendigkeit von Respekt und Achtsamkeit in digitalen und analogen Räumen. Besucher:innen, die sich bewusst entscheiden, eine voyeuristische Position einzunehmen und die Zeichnungen einzusehen, können den Schlüssel zur Vitrine an der Museumskasse im oberen Stock abholen. Dies erfordert die aktive Entscheidung für den Blick und regt zur Reflexion über persönliche Grenzen, Zustimmung und die Verantwortung der Betrachtenden an.
Auftakt der Aktionstage
Auftakt der 16-tägigen Aktion ist eine Veranstaltung am 25. November 2024 im Frauenmuseum in Hittisau zum Thema „Schutz im Cyberspace – Strategien gegen Mobbing und Stalking im Netz!!“ mit anschließender Podiumsdiskussion.
Die Referentin Bettina Riederer ist Kriminologin am Zentrum für Kriminologie und Polizeiforschung in Deutschland. Sie ist spezialisiert auf Gewalt im häuslichen Milieu und der Familie, Gewalt im kulturellen Kontext sowie Gewalt gegen Frauen im Generellen. Sie wird bei allen konstruktiven Möglichkeiten, die die neuen Medien eröffnen, vor allem vor Missbrauch warnen. Im Wissen, dass der Cyberspace ein fester Bestandteil der sozialen Lebenswelt geworden ist, gehört auch zur Realität, dass Kinder und Jugendliche einfachen Zugang zu problematischen Inhalten erhalten. Besonders Frauen und Kinder sind von verschiedenen Formen von digitaler Gewalt betroffen. Dies reicht von Belästigung und Mobbing bis hin zu sexualisierter Gewalt, die über digitale Medien ausgeübt werden.
In einer anschließenden Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen des Gewaltschutzzentrums Vorarlberg, der ifs Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt, des ifs Kinderschutzes, der ifs Frauennotwohnung, der Polizei, Bildungsdirektion und Medizin erfahren wir mehr über die Auswirkungen von Cybergewalt auf das reale Leben und welche praktischen Handlungsanleitungen in der Präventionsarbeit sinnvoll sind. Was können Bildungseinrichtungen, Bezugspersonen, Familie, soziale Einrichtungen tun, um präventiv tätig zu sein.
Die Veranstaltung wird von Stefania Pitscheider Soraperra (Frauenmuseum Hittisau) moderiert und verspricht tiefe Einblicke und konstruktive Ansätze für die Prävention und das Handeln in Krisensituationen. Auch wird im Rahmen der Veranstaltung die Ausstellung von Nicole Scheffknecht „Die Befriedigung des Voyersimus“ eröffnet. Für weitere
Informationen und das vollständige Programm sowie die Möglichkeit zur Anmeldung: www.waelderkinder.com/orange
Unterstützungsangebote für Betroffene
Die Zahl der Betretungs- und Annäherungsversuche ist in Vorarlberg in den vergangenen Jahren gestiegen. Waren es im Jahr 2020 rund 425 Betroffene so ist die Zahl mittlerweile auf über 500 gestiegen. Beratung für Betroffene im Bregenzerwald wird durch das Gewaltschutzzentrum Vorarlberg an deren Regionalstelle in Egg angeboten. Personen, die Gewalt erfahren, erhalten dort passgenaue Hilfe und Unterstützungsangebote. Ziel ist es, ihren Schutz und ihre Sicherheit zu erhöhen und sie in ein Leben ohne Gewalt zu begleiten.
Im Bild: Bettina Riederer